"Die größte Beschwernis des Spiels rührt nicht von der Ungeschicklichkeit der Finger,
wie es viele vermeinen,
sondern von einem Mangel an gebührender Aufmerksamkeit."

Jean-Baptist Besard, Thesaurus Harmonicus, Köln 1603

 

 

André Burguete

Johann Sebastian Bachs Kompositionen für Laute


Johann Sebastian Bach und die Laute

Johann Sebastian Bach war als Lautenkomponist ein Außenseiter. Seine wenigen Werke für dieses Instrument enthalten jedoch Anregungen, die – wären sie aufgenommen und fortgeführt worden – es möglicherweise vor seinem Verschwinden bewahrt hätten. Bachs geniale Verknüpfung der größeren musikalischen Flexibilität eines mit Einzelsaiten bezogenen Instrumentes (Angélique) mit den Vorzügen einer erweiterten Stimmung im d-moll-Akkord ließ einen Lautentypus entstehen, der seiner Zeit weit voraus eilte und wahrscheinlich sogar imstande gewesen wäre, den musikalischen Anforderungen der klassischen und romantischen Periode zu genügen.

Die hier vorgelegten Tabulaturen sind das Ergebnis einer sich über den Zeitraum von 25 Jahren erstreckenden theoretischen und praktischen Forschung. Es handelt sich nicht um Intavolierungen eines Notentextes im gewöhnlichen Sinne, sondern vielmehr um den Versuch, mit größtmöglicher Präzision den Weg nachzuzeichnen, den Johann Sebastian Bachs Hand im verschlungenen Irrgarten des Lautengriffbrettes nahm. Die Entschlüsselung der hinter dem Notenbild der Bachschen Lautenkompositionen verborgenen spieltechnischen Strukturen schließt die Rekonstruktion der Fingersätze ein.

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Werk und Rekonstruktion

Die Intavolierungen erbringen den Beweis, daß Bachs Kompositionen und Arrangements für Laute nicht nur tatsächlich für ein solches Instrument bestimmt waren, sondern in ihrer Ausführung auch bis ins Kleinste durchdacht und spielpraktisch absolut notengetreu umsetzbar sind.

Kenner barocker Lautentabulaturen werden beim Spiel der rekonstruierten Tabulaturfassungen mit Verblüffung feststellen, daß der „Esprit géometrique“ dieses Komponisten in der spieltechnischen Konzeption seiner Werke für die Laute in nicht geringerer Vollkommenheit waltete als in seinen Kompositionen für Violine, Orgel und Klavier. Das sollte allerdings nicht zu dem Schluß verführen, Johann Sebastian Bach habe auf der Laute über ähnliche spieltechnische Souveränität verfügt wie die bedeutendsten Lautenisten seiner Zeit. Vielmehr ist es gerade seinem Mangel an praktischer Routine zuzuschreiben, daß er der Möglichkeit, jede Note auf diesem Instrument nach ihrem Wert aushalten zu können, dieselbe Bedeutung zumaß wie der Vollkommenheit der Komposition selbst.

Das Beharren auf notengetreuer Ausführbarkeit eines jeden Taktes hätte im Fall eines Komponisten geringeren Ranges leicht Beeinträchtigungen der musikalischen Qualität zur Folge gehabt. Im Falle Johann Sebastian Bachs jedoch führte die perfekte Ausgewogenheit zwischen genialer Inspiration und eleganter spieltechnischer Ausführung zu den vollkommensten Soli, die die Lautenmusik des 18. Jahrhunderts aufzuweisen hat.

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Publikation

Johann Sebastian Bach und die Laute im 18. Jahrhundert

Untersuchungen zur Lautenpraxis des 18. Jahrhunderts konzentrierten sich bislang vorrangig auf die Person des Dresdner Hoflautenisten Silvius Leopold Weiß (1684–1750), der dieses Jahrhundert als außergewöhnliche Spielerpersönlichkeit und als einer der fruchtbarsten Komponisten für sein Instrument dominierte.

Das vergleichsweise kleine Oeuvre Johann Sebastian Bachs für die Laute wurde zwar ebenso wie die Weißschen Kompositionen überliefert, konnte im Gegensatz dazu jedoch bis zum heutigen Tag nicht befriedigend für die Spielpraxis nutzbar gemacht werden.
Der Grund dafür lag in der falschen Annahme, dass es sich bei dem von J.S.Bach benutzten Instrument prinzipiell um dasselbe Lautenmodell gehandelt habe, für das S.L.Weiß seine Kompositionen schrieb. Die Wiedergabe von Bachs Lautenstücken auf einem solchen Instrument ist allerdings nur in klanglich unbefriedigender, den überlieferten Notentext entstellender Form möglich, ganz zu schweigen von den Bearbeitungen dieser Kompositionen für Gitarre, die einer Amputation gleichkommen.

Nähere Untersuchungen zeigen nun, dass die Vielfalt der zu Bachs Zeit verwendeten Lauteninstrumente wesentlich größer war, als bisher angenommen wurde. Insbesondere ein damals in der Hausmusik verbreitetes, im Gegensatz zur Weißschen Laute durchweg mit einzelnen Saiten bezogenes Instrument mit dem Namen „Angélique“ hat bis heute kaum die seiner damaligen Rolle in der Musikpraxis gebührende Beachtung gefunden. Wird ein solches Instrument – abweichend von seiner üblichen Einrichtung – in einer bestimmten Weise umgestimmt, lassen sich sämtliche Lautenkompositionen Bachs nicht nur absolut notengetreu, sondern auch elegant, flüssig und überaus wohlklingend darauf wiedergeben. Weitere Informationen finden Sie im ersten Band der nachfolgend aufgeführten Publikationsreihe, die Ihnen auf folgender Webseite kostenlos zur Verfügung steht:

www.musica-longa.de

 
  Musica Longa  
Heft 1 Johann Sebastian Bachs Kompositionen und
Bearbeitungen für Laute / Textband (104 Seiten)
ISMN 979-0-700120-80-1
Edition A4
Heft 2 • Suite e-Moll, BWV 996
• Präludium c-Moll, BWV 999
Werkeinführung, Klavierpartitur mit Lautenstimme
ISMN 979-0-700120-82-5
Edition A3
Heft 2a • Suite e-Moll, BWV 996
• Präludium c-Moll, BWV 999
Lautenstimme für das Notenpult
ISMN 979-0-700120-83-2 Edition A3
Heft 3 • Suite c-Moll, BWV 997
Werkeinführung, Klavierpartitur mit Lautenstimme
ISMN 979-0-700120-84-9
Edition A3
Heft 3a • Suite c-Moll, BWV 997
Lautenstimme für das Notenpult
ISMN 979-0-700120-85-6 Edition A3
Heft 4 • Präludium, Fuge und Allegro Es-Dur, BWV 998
Werkeinführung, Klavierpartitur mit Lautenstimme
ISMN 979-0-700120-86-3
Edition A3
Heft 4a • Präludium, Fuge und Allegro Es-Dur, BWV 998
Lautenstimme für das Notenpult
ISMN 979-0-700120-87-0 Edition A3
Heft 5 • Suite g-Moll, BWV 995
Werkeinführung, Klavierpartitur mit Lautenstimme
ISMN 979-0-700120-88-7
Edition A3
Heft 5a • Suite g-Moll, BWV 995
Lautenstimme für das Notenpult
ISMN 979-0-700120-89-4 Edition A3
Heft 6 • Fuge g-Moll, BWV 1000
• Suite E-Dur, 1006a
Werkeinführung, Klavierpartitur mit Lautenstimme
ISMN 979-0-700120-90-0
Edition A3
Heft 6a • Fuge g-Moll, BWV 1000
• Suite E-Dur, BWV 1006a
Lautenstimme für das Notenpult
ISMN 979-0-700120-91-7 Edition A3
Heft 7 Ensemblewerke mit Laute
• Italienisches Konzert, BWV 971
(rekonstruierte Urfassung für Violine und Laute)
• Johannes-Passion, BWV 245, Arioso Nr. 31:
„Betrachte, meine Seel“
• Matthäus-Passion, BWV 244, Aria Nr. 57:
„Komm, süßes Kreuz“
Werkeinführung, Klavierpartitur mit Lautenstimme
ISMN 979-0-700120-92-4
Edition A3
Heft 7a Ensemblewerke mit Laute, BWV 971, 245, 244
Lautenstimme für das Notenpult
ISMN 979-0-700120-93-1 Edition A3
Heft 8 Ungesicherte Lautenkompositionen
Tabulatur und Übertragung
ISMN 979-0-700120-94-8
Edition A3

 

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Vorträge und Demonstrationen

Es besteht die Möglichkeit, Vorträge oder Demonstrationskonzerte zum Thema „Johann Sebastian Bach und die Laute im 18. Jahrhundert“ zu vereinbaren:

mail@liuto-forte.com

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André Burguete

André Burguete ist spanisch-deutscher Abstammung und wurde 1951 in St. Petersburg geboren. Er wuchs in Dresden auf, studierte Laute und Gitarre bei Roland Zimmer in Weimar, Kontrapunkt bei Walter Heinz Bernstein in Leipzig und war Gasthörer der musikwissenschaftlichen Vorlesungen von Hans Grüß. Von 1989–1997 leitete er das „Institut für Lautenmusikforschung – Akademie Weiß” im Parc de Schoppenwihr nahe Colmar (Frankreich). André Burguete ist vorwiegend solistisch tätig und zählt zu den bekannten Interpreten seines Fachs. Er wurde 1991 in Basel mit dem Regio-Musikpreis, 1995 in Oxford mit dem „European Prize for outstanding cultural Achievement“ und 1999 in Paris mit dem „Prix Européen de l’innovation pour les Ins-truments de musique“ für die Entwicklung des Liuto forte, einer Laute für das 21. Jahrhundert geehrt. Seit seinem zwanzigsten Lebensjahr widmete sich André Burguete dem Spiel der chörigen Lauten, der Erforschung ihrer Geschichte und Erschließung ihres Repertoires. Langjährige praktische Erfahrungen mit originalen Instrumenten des 18. Jahrhunderts machten ihn sowohl mit deren Vorzügen als auch Grenzen vertraut. Die Beschränkungen, die sie einem am 19. und 20. Jahrhundert geschulten musikalischen Gestaltungswillen auferlegen wurden im Laufe der Jahre immer drückender. Vor die Wahl gestellt, das Lautenspiel aufzugeben oder dem Beispiel der großen Lautenisten der Vergangenheit zu folgen und das Instrument seiner Zeit anzupassen, entschied sich André Burguete für letzteres. Ein wesentlicher Impuls war dabei seine Beschäftigung mit einzelbesaiteten Lauten des 18. Jahrhunderts, insbesondere dem mutmaßlichen Instrument Johann Sebastian Bachs. Er wurde damit zum Initiator der Entwicklung der „Neuen Laute“  (Liuto forte), die sich wachsender Beliebtheit bei Spielern der ganzen Welt erfreut.

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André Burguete
Wägnerstrasse 18
D-01309 Dresden
E-Mail: mail@liuto-forte.com

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André Burguete
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Texte
André Burguete

Bildnachweis
Caspar Netscher, Drei musizierende Damen, Städtische Sammlungen Wetzlar (Photo: Axel Schneider, Frankfurt/M)

Webdesign
michaelkaden.de, 2011

Übersetzungen
Ruskin Watts (EN)
Christian Meyer (FR)
Greet Schamp (NL)

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